Redebeitrag Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e. V.

Zum CSD Bremen 2020 stellen wir möglichst viele Redebeiträge der Kundgebung online, damit sie auch durchgelesen werden können und langfristig zur öffentlichen Diskussion beitragen.

Hier folgt der Redebeitrag von Reiner Neumann vom Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e. V..


Liebe Teilnehmende,

mit Demonstrationen und Kundgebungen zum CSD erinnern wir in Bremen und an vielen anderen Orten in aller Welt alljährlich an die Ereignisse im Juni 1969 in der Christopher Street in New York, als sich erstmalig vor allem afroamerikanische Drag Queens und Transpersonen gegen regelmäßige gewalttätige Polizeirazzien zur Wehr setzten.

In Deutschland begann diese Tradition 1979 in Berlin, Köln, Stuttgart und Bremen. Von diesem Platz ausgehend bewegte sich damals ein bunter Demonstrationszug unter dem Motto „Gay Pride International – Schwuler Karneval“ in Richtung Marktplatz.

Manche werden sich fragen, warum wir uns auch 41 Jahre danach wieder hier versammeln. Haben wir nicht schon alles erreicht bis hin zur „Ehe für alle“?

Das Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben, gegründet 1982, organisiert und unterstützt nach wie vor Aktionen, die zu mehr Toleranz und Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen können. Trotz jahrzehntelanger Kämpfe ist leider längst nicht alles Sonnenschein.

Heute und morgen sind wir gemeinsam auf der Straße, um sichtbar zu sein und für Akzeptanz und Gleichberechtigung einzutreten.

Regenbogenfamilien, d.h. Familien, in denen mindestens ein Elternteil nicht heterosexuell ist, verdienen die gleiche Anerkennung und den gleichen Respekt. Sie sind Teil der gesellschaftlichen Normalität. Es ist ein Skandal, dass in 2-Mütter-Familien immer noch nicht beide Partnerinnen automatisch als Mütter eingetragen werden, sondern den Weg über die Adoption gehen müssen. Lesbische Frauen sind in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig sichtbar und ihr Engagement wird nicht ausreichend wahrgenommen.

Geschlechtliche Vielfalt ist in vollem Umfang zu akzeptieren. Wir fordern den selbstbestimmten Geschlechtseintrag ohne Zwangsberatung, ärztliche Gutachten oder Gerichtsentscheidungen sowie die Garantie der körperlichen Unversehrtheit für Inter*personen. Menschen wissen selbst am besten, ob und welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen!

Queeren Geflüchteten, die in ihrer Heimat aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität verfolgt werden, ist Schutz zu gewähren. Homosexualität muss als Asylgrund anerkannt werden. Wir fordern: Keine Abschiebung in Länder, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität verfolgen.

Hier bei uns in Bremen ist schon einiges erreicht worden und wir freuen uns auch darüber, dass die Landesregierung die queerpolitischen Anliegen finanziell stärker als je zuvor fördert. Dennoch bleibt viel zu tun.

Schaffen wir gemeinsam die Voraussetzungen dafür, dass wir alle in dieser Stadt in jeder Lebensphase angstfrei entsprechend unserer Identität leben können.