The first pride was a riot. Unter diesem Motto findet der diesjährige CSD in Bremen statt. Ein Motto, das verpflichtet und erinnert. Es ist ein Auftrag, der eine Sehnsucht widerspiegelt: Back to the roots! Der CSD als Revolution.
Stonewall 1969 – es ist ein Aufbegehren gegen ein System. Ein System, in dem die gesamte LGBTIQA+-Community unsäglicher Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt ist. Gesellschaftliche Ausgrenzung, staatlich legitimierte Gewalt und fehlende Gesetze, die Menschenrechte schützen. Es ist eine Zeit, in der queeres Leben im Schatten verborgen bleibt und die Community gezwungen ist, sich zu verbergen. Auch heute noch fürchten sich viele queere Menschen vor einem Outing bzw. haben Angst vor dem Schritt des Coming-outs.
The first pride was a riot
Dieses Motto, das von einer unfassbaren Mehrheit gewählt wurde, ist ein Ausdruck der Sorge. Es ist die Sorge, dass die Gesellschaft Rückschritte macht und unsere Community dabei ist, Akzeptanz zu verlieren. Der Ton in der Politik wird in Deutschland und weltweit rauer. Ein Rechtsruck ist deutlich zu spüren. Individuelle Freiheiten, die in unserer Gesellschaft selbstverständlich sein sollten, werden zunehmend in Frage gestellt.
Dies gilt nicht nur für Themen rund um LGBTIQA+, sondern auch für andere Lebensbereiche. Dennoch stehen wir hier und sagen: „Queere Rechte sind Menschenrechte. Für deren Erhalt müssen wir kämpfen. Immer und überall.“ Wer glaubt, dass diese unverrückbar seien, irrt gewaltig. Wir erleben zunehmende Gewalttaten gegen unsere Community. In diesem Jahr hat kaum ein CSD stattgefunden, ohne dass im Nachgang von diskriminierenden oder gewalttätigen Vorfällen berichtet werden musste. Auch hier müssen wir uns wappnen.
The first pride was a riot
Für die Organisator*innen des CSD ist dieses Motto Mahnung und Aufforderung zugleich. Es ist die Erinnerung, dass der CSD eine absolut politische Aktion ist – in erster Linie eine Demonstration. Das dürfen wir (bei all der Zelebrierung unseres Selbst) niemals vergessen. Bei all den bunten Outfits, dem Glitzer und Regenbögen, bei all den Feierlichkeiten haben wir die Pflicht, eine Botschaft zu vermitteln. Diese muss heißen, dass wir als Community eng zusammenstehen. Wie im Jahr 1969, als besonders die Trans- und Fetischcommunity an vorderster Front für die Rechte der LGBTIQA+-Gemeinschaft gekämpft haben.
Es sind Menschen wie Marsha P. Johnson und Sylvia Rivera, über die wir mehr reden müssen und die niemals in Vergessenheit geraten dürfen. Wir dürfen uns als Community niemals entzweien lassen. Wir müssen füreinander einstehen.
The first pride was a riot
Das Motto ist die Erinnerung daran, dass sich die gesamte Community gemeinsam gegen Polizeigewalt aufgelehnt hat. Es soll aber auch ein Augenmerk darauf sein, dass sich seit 1969 einiges verändert hat. Es gibt genügend Personen mit der Erwartungshaltung, dass die Polizei unter diesem Motto kein Teil unserer Demonstration sein kann. Dieser Haltung müssen wir widersprechen. Vielmehr sind wir davon überzeugt, dass wir eine Polizei in diesem Land brauchen, die queeres Leben und die Rechte unserer Community beschützt.
Wir brauchen eine Anlaufstelle an die wir uns wenden können, wenn wir attackiert werden. Wir brauchen eine Polizei bei denen Strafanzeigen nicht ins Leere laufen, wenn wir den Mut aufgefasst haben, Anzeige zu erstatten. Hierfür brauchen wir Polizei, aber eine solche die besser als die jetzige ist. Dies können wir nur dann erreichen, wenn wir diejenigen Polizist*innen bekräftigen, die sich bereits jetzt innerhalb der Polizei für unsere Sache einsetzen. Wenn wir diesen Beamt*innen aber die Tür zuschlagen und den Dialog verweigern, werden wir niemals weiterkommen.
The first pride was a riot
Wir sind aber nicht mehr im Jahr ´69 – und das ist auch gut so. Dies gilt für unsere Gesellschaft, aber auch für unsere Community. Hierauf dürfen wir uns allerdings nicht ausruhen. Wir müssen Erreichtes bewahren und haben noch viele Ziele zu erreichen. Das Selbstbestimmungsgesetz ist noch immer nicht beschlossen und auch sonst wird noch viel zu wenig getan, um queeres Leben zu schützen. Die Selbstmordrate von queeren und besonders bei trans sowie nicht binären Jugendlichen ist deutlich höher, als bei anderen. Gewalttaten gegen LGBTIQA+ werden häufig gar nicht erst angezeigt oder nicht als Hasskriminalität erkannt. Die Genderdebatte wird vor allem von den Parteien geführt, die von den eigentlichen gesellschaftlichen Problemen ablenken wollen. Eine Gesellschaft, die das Wort „woke“ zur Diskreditierung verwendet, denkt und handelt nicht inklusiv und nachhaltig. Es gibt noch so Vieles, wofür wir einstehen müssen.
The first pride was a riot
Dennoch gehen wir heute auch auf die Straße, um zu feiern. Wir feiern uns selber, weil wir niemals vergessen dürfen wie toll wir sind. Wir sind resistent, kreativ, bunt, voller Liebe, echt, pragmatisch, stark, einfühlsam, emotional und noch so vieles mehr. Wir müssen feiern wer wir sind und das in all unseren Facetten so sichtbar wie möglich. Wir dürfen uns nicht verstecken. Auch dafür ist dieser Tag so wichtig. Wir müssen uns unseren Platz in der Gesellschaft erkämpfen. Damals wie heute.
The first pride was a riot
Auch heute noch sind wir Rebellen, weil wir selbstbestimmt leben und lieben wie es für uns richtig ist.
The first pride was a riot
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